Welche Sprache spricht man auf Mallorca? Spanisch natürlich, sagt ihr jetzt. Denn obwohl viele die Mittelmeerinsel gerne eindeutschen würden, gehört sie nun mal nach Spanien. Und da wird Spanisch gesprochen. Das dachte ich auch, nachdem ich mich drei Jahre lang durch einen Spanischkurs gequält hatte und hier auf Mallorca mein Spanisch festigen richtig lernen wollte. Und dann kam ich an und verstand im ersten Moment: Spanisch? Nein, leider nicht. Ich verstand nichts.
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Und das lag nicht daran, dass ich im Unterricht geschlafen hatte (… obwohl? …). Die Frauen, die jeden Morgen vor meinem Fenster lautstark die Straße hinuntergingen, unterhielten sich nicht auf Spanisch, sondern auf Mallorquin. Mallorquin ist eine Variante des Katalanischen und Katalan wiederum ist die zweite Amtssprache auf Mallorca.
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Mallorcas Sprache: Benvinguts a Sa Roqueta
Willkommen auf dem kleinen Felsen im Mittelmeer. So nennen die Mallorquiner liebevoll ihre Insel. Kleiner Felsbrocken. Um die Mallorquiner zu verstehen, muss man kein Mallorquinisch sprechen. Sie sprechen alle besser Spanisch als ich. Aber sie reden eben auch Mallorquin. Vor allem, wenn sie unter sich sind.
Das Tolle an Sprachen ist ja, dass man mit ihnen nicht nur kommunizieren kann. Dahinter steht auch immer eine Kultur und noch wichtiger, eine Identität. Im Falle Mallorcas die Identität eines Inselvolkes, dessen einzige Verbindung zum Kontinent noch vor wenigen Jahrzehnten ein Dampfschiff war, das einmal pro Woche hin und her fuhr. Dementsprechend zurückhaltend sind sie, die Mallorquiner.
Mallorquin: Ein lateinischer Dialekt
Neben der offiziellen Landessprache Spanisch gibt es in vielen der Provinzen Spaniens eine zweite Amtssprache. Auf den Balearen ist das Katalanisch. Weltweit wird Katalanisch von etwa acht bis zehn Millionen Menschen gesprochen. Das ist nicht viel. Aber es gibt Sprachen, die von noch weniger Menschen gesprochen werden.
Katalan ist eine romanische Sprache, ein Dialekt des Lateinischen und verwandt mit Französisch, Italienisch und Spanisch. Spanisch zu Katalan verhält sich sprach-technisch ungefähr so wie Deutsch zu Holländisch. Mit viel Mühe versteht man sich, aber nicht richtig.
Katalan als Schriftsprache gibt es seit dem 13. Jahrhundert. Ramon Llull war ihr erste Literat. Der zentrale spanische Staat legte im 18. Jahrhundert jedoch Spanisch als Bildungssprache fest. Katalan verlor damit seinen Stand und lebte nur noch als gesprochene Sprache weiter. Man nennt diese Zeit die decadència – den Niedergang. Im 19. Jahrhundert kam dann aber auch schon die Wiedergeburt, die renaixeça.
Nach dem Spanischen Bürgerkrieg kam General Franco in Spanien an die Macht. Er verbot Katalan in allen öffentlichen Bereichen des Lebens. In den Schulen wurde ausschließlich Spanisch unterrichtet. Erst nach seinem Tod entspannte sich die Lage. Per Gesetz wurde die Regionalsprache wieder ins öffentliche Leben zurückgeholt und Kastilisch (Spanisch) als Amtssprache ganz Spaniens festgelegt. Die Regionalsprachen zählen jedoch als Co-offizielle Sprachen und stehen als Kulturgut unter besonderen Schutz.
Welche Sprache spricht man auf Mallorca?
Die Politik verfolgt seit Jahren die Normalisierung der Regionalsprache. Mit einem gleichnamigen Gesetz von 1998, dem Llei de Normalització Linguística soll der Erhalt des Katalanischen gesichert werden. Das Gesetz legt fest, dass mindestens 50 Prozent im öffentlichen Leben mit Katalan abgedeckt werden muss. Das bezieht sich auf die Musik in öffentlichen Radiostationen, Unterricht in der Schule, Werbung, Straßennamen und so weiter.
Auf Mallorca zur Schule: Das spanische Schulssystem
Beamter oder Lehrer kann auf Mallorca nur werden, wer Katalan beherrscht. Immer einmal wieder gelangen Nachrichten an die Öffentlichkeit, dass zum Beispiel qualifizierte Ärzte nicht eingestellt werden, weil sie kein Katalan beherrschen. In den Schulen werden Eltern mehr oder weniger dazu genötigt, Katalan als Unterrichtssprache zu akzeptieren, sofern sie nicht gewillt sind, die Kinder an Privatschulen zu unterrichten. An den öffentlichen Schulen wird mittlerweile mehr als 90 Prozent in Katalan unterrichtet. Nur Spanisch/Kastilisch als Fach bleibt verschont. Spanien weit schneiden mallorquinische Schüler deswegen logischerweise deutlich schlechter ab.
Sprachkonflikt: Katalan – Mallorquin
Was als Normalisierung eines Kulturgutes begann, hat sich zu einer Zwangsmaßnahme gegen Spanisch- bzw. nicht Katalansprachige entwickelt. Ein unterschwelliger Konflikt, den man aber meist erst mitbekommt, wenn man Kinder im schulpflichtigen Alter hat.
Als ob das an sich nicht schon verwirrend genug wäre, meinen viele Mallorquiner, sie sprächen gar kein Katalan, sondern Mallorquin. Die eine sagen, Mallorquin sei ein Dialekt. Die anderen behaupten, es wäre eine eigene Sprache. Und wenn man sich einzelne Begriffe so anschaut, variieren die zum Teil so stark, dass davon ausgegangen werden muss, dass abseits des Katalanischen noch eine andere Sprache das Mallorquin beeinflusst haben muss.
Unmut herrscht also fast unter allen. Unter Festlandspanier, die im eigenen Land eine neue Sprache lernen müssen, wenn sie in bestimmte Berufszweige einsteigen wollen. Unter Ausländern, die dachten die Amtssprache zu sprechen, und dann beim ersten Behördengang feststellen, dass es doch nicht so ist. Und unter Mallorquinern, die das Gefühl haben, von einer kleinen, aber einflussreichen, radikalen Lobby eine fremde Sprache und Kultur aufgezwungen zu bekommen. Dabei sollte Sprache ja eigentlich verbinden, und nicht trennen.
Spricht man auf Mallorca Deutsch?
Nach all den vielen Sprachen ist die Kurzantwort: ja. Und die längere: Aber nicht als offizielle Sprache. Die mallorquinischen Schulkinder werden auf Katalan und Spanisch unterrichtet. Ab drei Jahren lernen sie zudem Englisch als erste Fremdsprache. Deutsch kann als Wahlfach später im instituto (siehe auch meinen Artikel zum spanischen Schulsystem) gewählt werden.
Da der Tourismus sehr viele Arbeitsplätze schafft und Fremdsprachen dort ein muss sind, wird Deutsch von vielen Menschen auf Mallorca gesprochen. In stark deutsch geprägten Gebieten würde ich sogar sagen, die Einheimischen sprechen eher Deutsch als Englisch.
Trotzdem macht ihr euch nur Freunde, wenn ihr ein paar Wörter auf Spanisch oder vielleicht sogar Katalan/Mallorquin könnt. In meinem Newsletter gibt es regelmäßig kleine kurze Spracheinheiten in beiden Sprachen, mit denen ihr euch beim nächsten Mallorca-Urlaub ausprobieren könnt.
Mallorquin lernen
Wenn ihr bereits Spanisch könnt, wird es euch leicht fallen, auch Mallorquin zu lernen. Wenn ihr dazu noch ein wenig Schul-Französisch im Hinterkopf habt, wird es noch leichter. Mallorquin ist ein Potpourri aus verschiedenen Sprachen – das denke zumindest ich. Ich habe meinen Kindern, lange bevor ich einen Sprachkurs besucht habe, katalanische Bücher vorgelesen – und überraschend viel verstanden.
Reden ist ein anderes Thema. Das hat aber hauptsächlich mit meinem Perfektionismus zu tun. Außerdem ist es bei vielen Mallorquinern so, dass sie automatisch ins Spanische wechseln, wenn ich ins Stolpern komme. Nicht aus mangelndem Respekt, sondern aus Gewohnheit. Die sind hier halt alle Bilingual. Eigentlich beneidenswert, aus deutscher Sicht.
Falls ihr vorhabt, auf Mallorca zu leben und zudem Kinder habt, die hier die Schule besuchen werden, kann euch ein Sprachkurs nur hilfreich sein. Für den Anfang ist Spanisch ausreichend. Später könnt ihr einen der Katalankurse reinschnuppern, die von Gemeinden und der Inselregierung angeboten werden. Am besten lernt ihr Spanisch, Mallorquin, Katalan – was auch immer – aber immer noch, wenn ihr mit den Leuten redet. Also traut euch!
Super hilfreich finde ich die Video-Kurse von Lingua-TV. Hier könnt ihr euch das Angebot unverbindlich ansehen.
Welche Sprache spricht man jetzt also auf Mallorca? Die Antwort ist: Viele! Aber lasst euch davon nicht abschrecken. Mit Spanisch kommt man immer weiter (außer es schwebt euch eine Beamtenlaufbahn vor) und selbst Deutsch sprechen viele hier. Am einfachsten ist immer noch ein Lächeln. Denn das versteht man in jeder Sprache.
Mehrsprachigkeit: Auf Mallorca keine Ausnahme
Mehrsprachigkeit ist weltweit auf dem Vormarsch und bildet längst keine Ausnahme mehr, sondern vielmehr die Regel. In einer globalisierten Welt, in der Vernetzung und kultureller Austausch zunehmend an Bedeutung gewinnen, ist die Fähigkeit, mehrere Sprachen zu beherrschen, von unschätzbarem Wert. Ein bemerkenswertes Beispiel für eine Gesellschaft, in der Mehrsprachigkeit tief verwurzelt ist, findet sich auf Mallorca.
Die Mehrzahl der Einwohner Mallorcas ist nicht nur zweisprachig, sondern beherrscht oft mehrere Sprachen. Dies ist nicht nur auf die touristische Natur der Insel zurückzuführen, sondern auch auf historische und kulturelle Faktoren. Mallorca hat im Laufe der Geschichte viele kulturelle Einflüsse erlebt, von den Mauren bis zu den Römern, und jedes dieser Völker hat seine Spuren in der Sprache hinterlassen.
Interessanterweise ist es nicht nur die hiesige Bevölkerung, die mehrsprachig ist. Die Kinder von Einwanderern auf Mallorca wachsen oft mit einer noch größeren Vielfalt an Sprachen auf. Dies ist das Ergebnis einer multikulturellen Umgebung, in der verschiedene Sprachen im täglichen Leben präsent sind. Diese Kinder entwickeln eine natürliche Anpassungsfähigkeit und eine breitere kulturelle Perspektive.
Die Förderung von Mehrsprachigkeit beginnt bereits in der Schule. Katalan, die katalanische Sprache, wird hier besonders stark gefördert. Es ist nicht nur eine Verpflichtung, sondern auch ein stolzer Ausdruck der kulturellen Identität. Die Schüler werden ermutigt, nicht nur Spanisch und ihre Muttersprache zu beherrschen, sondern auch Katalan und Englisch.
Die Präsenz von Mehrsprachigkeit erstreckt sich jedoch nicht nur auf den schulischen Bereich. Im öffentlichen Leben auf Mallorca ist es üblich, Menschen zu begegnen, die mühelos zwischen verschiedenen Sprachen wechseln können. In Restaurants, Geschäften und auf Märkten hört man oft ein vielschichtiges Klangbild verschiedener Sprachen, was die Offenheit der Gesellschaft gegenüber unterschiedlichen Kulturen widerspiegelt.
Die Vorteile von Mehrsprachigkeit sind auf Mallorca deutlich spürbar. Nicht nur im wirtschaftlichen Kontext, wo mehrsprachige Menschen ihre beruflichen Möglichkeiten erweitern, sondern auch im sozialen und kulturellen Leben. Mehrsprachigkeit fördert Verständnis, Toleranz und Zusammenarbeit. Menschen, die mehrere Sprachen beherrschen, können Brücken zwischen verschiedenen Kulturen bauen und tragen so zur Integration und Harmonie bei.
In einer Welt, die immer stärker vernetzt ist, kann Mallorca als Paradebeispiel für eine Gesellschaft dienen, in der Mehrsprachigkeit nicht nur akzeptiert, sondern gefördert wird. Die Insel zeigt eindrucksvoll, dass das Beherrschen mehrerer Sprachen nicht nur eine Fähigkeit, sondern eine Bereicherung für das individuelle Leben und die Gesellschaft als Ganzes ist.
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